Fuck „Fuck-up Nights“: Oder doch wertvoll für Corporates?

Fuck „Fuck-up Nights“: Oder doch wertvoll für Corporates?

Um dem Stigma des Scheiterns entgegenzuwirken und eine offenere Fehlerkultur zu fördern, bieten „Fuck-up Nights“ eine potenziell wertvolle Plattform für Organisationen. Eine der kritischen Fragen dabei ist jedoch: Sind auch Führungskräfte und Mitglieder der Geschäftsleitung bereit, daran teilzunehmen?

In einer Welt, in der Erfolg oft laut gefeiert und Misserfolg still verborgen wird, stellen sogenannte „Fuck-up Nights“ immer noch einen erfrischenden Gegenentwurf dar. Diese Veranstaltungen bieten eine Bühne für Geschichten des Scheiterns und der Niederlagen. Doch was genau sind Fuck-up Nights, und warum gibt es sie? Und welchen Nutzen haben Organisationen davon?

Dieser Blogpost beleuchtet die Hintergründe und die Absichten dieser einzigartigen Events und untersucht, ob sie mehr als nur eine Gelegenheit zum Feiern bieten.

Was sind Fuck-up Nights und warum gibt es sie?

Fuck-up Nights entstanden 2012 in Mexiko-Stadt, als eine Gruppe von Freunden beschloss, offen über ihre beruflichen Misserfolge zu sprechen. Die Idee war simpel: Menschen erzählen in einer zwanglosen Umgebung von ihren grössten beruflichen Fehlschlägen. Diese Geschichten reichen von gescheiterten Start-ups über missglückte Projekte bis hin zu persönlichen Rückschlägen.

Der Zweck dieser Veranstaltungen ist es, das Stigma des Scheiterns zu brechen. In vielen Kulturen, auch in der Schweiz, wird Scheitern oft als persönliches Versagen betrachtet. Fuck-up Nights bieten eine Plattform, um diese Perspektive zu ändern. Sie ermutigen dazu, Scheitern als wertvollen Teil des Lernprozesses anzuerkennen und zu akzeptieren, dass Misserfolge unvermeidlich und oft sogar notwendig für den langfristigen Erfolg sind.

Fuck-up Nights bieten eine Plattform, offen über berufliche Misserfolge zu sprechen, um so das Stigma des Scheiterns zu brechen.

Die Intentionen hinter Fuck-up Nights

Eine neue Fehlerkultur fördern

Ein zentraler Gedanke hinter Fuck-up Nights ist die Förderung einer neuen Fehlerkultur. In traditionellen Arbeitsumgebungen wird oft erwartet, dass Fehler vermieden werden. Diese Haltung führt jedoch dazu, dass Mitarbeitende Risiken scheuen und Innovation gehemmt wird. Durch das offene Teilen von Fehlern und Misserfolgen wird ein Umfeld geschaffen, in dem Fehler nicht als Makel, sondern als Chance zur Verbesserung und zum Lernen angesehen werden.

Gemeinschaft und Solidarität

Zudem schaffen Fuck-up Nights ein starkes Gemeinschaftsgefühl. Wenn Menschen ihre Geschichten des Scheiterns teilen, erkennen andere, dass sie nicht allein sind. Diese gemeinsame Erfahrung kann eine tiefgehende Solidarität unter den Teilnehmenden schaffen. Es entsteht ein Netzwerk, das sich gegenseitig unterstützt und motiviert, neue Herausforderungen anzunehmen, ohne die Angst vor dem Scheitern im Nacken zu haben.

Inspiration und Motivation

Neben der Förderung einer neuen Fehlerkultur und der Stärkung der Gemeinschaft haben Fuck-up Nights auch das Ziel, zu inspirieren und zu motivieren. Die Geschichten von Misserfolgen sind oft mit überraschenden Wendungen und wertvollen Lektionen verbunden. Sie zeigen, dass hinter jedem Scheitern die Möglichkeit zur Erneuerung und zum Erfolg steckt. Diese inspirierenden Geschichten ermutigen dazu, trotz Rückschlägen weiterzumachen und aus jedem Misserfolg etwas Positives zu ziehen.

Ein auffälliges Phänomen bei vielen Fuck-up Nights: Die Abwesenheit von Geschäftsleitungsmitgliedern und Führungskräften.

Die Realität hinter der Fassade: Kritische Betrachtung von Fuck-up Nights

Die Abwesenheit von Führungskräften

So positiv die oben genannten Aspekte auch klingen mögen, es gibt auch eine kritische Seite, die beleuchtet werden muss. Ein auffälliges Phänomen bei vielen Fuck-up Nights ist die Abwesenheit von Geschäftsleitungsmitgliedern und Führungskräften. Es sind selten die CEOs oder Senior Manager, die ihre Misserfolge auf der Bühne teilen. Stattdessen sind es meist Mitarbeitende aus den mittleren oder unteren Ebenen der Unternehmenshierarchie. Warum ist das so? Der Grund könnte darin liegen, dass das Eingeständnis von Fehlern in höheren Positionen nach wie vor als Karriereverhinderer betrachtet wird. In Grossunternehmen kann das Offenlegen von Misserfolgen dazu führen, dass das Vertrauen in die Führungskraft geschwächt wird und dies somit die Karrierechancen beeinträchtigt.

Scheitern als Karrierehindernis

In vielen Corporates wird Scheitern immer noch als ein Zeichen von Inkompetenz und Schwäche angesehen. Auch wenn eine neue Fehlerkultur propagiert wird, sieht die Realität oft anders aus. Führungskräfte, die ihre Fehler öffentlich machen, laufen Gefahr, ihre Glaubwürdigkeit und Autorität zu verlieren. Dies führt dazu, dass die Verantwortung für Fehler oft delegiert wird und die tatsächlichen Entscheider nicht zur Rechenschaft gezogen werden. In diesem Kontext wirken Fuck-up Nights mehr wie eine PR-Massnahme, um den Anschein einer offenen Fehlerkultur zu wahren, während die tieferliegenden Strukturen und Einstellungen unverändert bleiben.

Oberflächliche Lektionen und fehlende Konsequenzen

Ein weiteres Problem ist die Frage, wie tiefgreifend die Lehren aus den bei Fuck-up Nights geteilten Geschichten tatsächlich sind. Oft werden diese Veranstaltungen zu Unterhaltungszwecken genutzt, bei denen gescheiterte Initiativen aufgezeigt werden, ohne dass eine tiefere Reflexion oder systematische Analyse erfolgt. Die Gefahr besteht, dass die Geschichten als einmalige Events abgetan werden, ohne dass nachhaltige Veränderungen in der Organisation erfolgen. Wenn die Lehren aus den Misserfolgen nicht in konkrete Massnahmen und Veränderungen münden, bleibt der tatsächliche Nutzen dieser Veranstaltungen begrenzt.

Fazit

Fuck-up Nights bieten eine interessante und potenziell wertvolle Plattform, um das Stigma des Scheiterns zu bekämpfen und eine offenere Fehlerkultur zu fördern. Sie können Gemeinschaft und Solidarität stärken und als Inspirationsquelle dienen. Allerdings sollte man auch die kritischen Aspekte nicht übersehen. Die Abwesenheit von Führungskräften und die oberflächliche Auseinandersetzung mit den Misserfolgen lassen Zweifel aufkommen, ob diese Veranstaltungen wirklich zu einer tiefgreifenden Veränderung in der Unternehmenskultur beitragen. Letztendlich bleibt die Frage, ob Fuck-up Nights mehr als nur eine Fassade sind. Wenn Unternehmen wirklich von diesen Veranstaltungen profitieren wollen, müssen sie sicherstellen, dass die Lehren aus den geteilten Geschichten systematisch analysiert und in die Organisationspraxis integriert werden. Nur dann kann eine echte und nachhaltige Veränderung erreicht werden.

Alexander Hasler
Alexander Hasler
CEO adaptable | works
www.betascale.ch

Alexander ist ein lösungsorientierter und optimistischer Teamplayer, der gerne im Team lernt, arbeitet, Spass hat und Erfolge feiert. Alexander verfügt über einen reichen Erfahrungsschatz im Strategie- und Innovationsmanagement in der Schweizer Versicherungsbranche. Als Triathlet weiss er, wie wichtig Ausdauer und Kontinuität sind.

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